Wissenschaftlicher Newsticker März 2015

Masterstudiengang Industrial Engineering an den ägyptischen Partneruniversitäten


lehrgebäudeMärz 2015 Das deutsche Fachgebiet der Betriebsgestaltung umfasst wesentliche Aufgaben innerhalb des Fabrikbetriebs, wie die Bewertung der Produktionsstruktur hinsichtlich bestehender Optimierungsmöglichkeiten und der Ableitung von eventuellen Investitionserfordernissen sowie der anschließenden Begleitung der Umsetzung aller definierten Maßnahmen. Damit stellt dieser Fachbereich ein Kerngebiet der deutschen Ingenieursausbildung dar, das ein hohes internationales Renommee genießt und kein - in der Kombinatorik von technisch-technologischen, sozialen und ökonomischen Aspekten - vergleichbares Pendant bei den internationalen Universitätsabschlüssen besitzt. Vor dem Hintergrund der erhöhten Nachfrage international agierender Unternehmen nach qualifizierten Betriebsgestaltern wurde daher ein Tempus-Projekt unter Koordination der ägyptischenAin-Shams-Universität in Kairo initiiert, um einen Masterstudiengang mit 4 Vertiefungen mit dem Titel „Industrial Engineering and Management Sciences: New Postgraduate Programms“ zu konzipieren. Dabei wurde unter Leitung des IAFs ein Lehrkonzept für den Masterstudiengang Industrial Engineering an den ägyptischen Partneruniversitäten erstellt, das eng an die an der Otto-von-Guericke-Universität gelehrten Ausbildungsinhalte (siehe Bild) mit ihrer Verknüpfung von theoretischen Grundlagen und methodengestütztem Anwendungswissen über den gesamten Lebenszyklus eines Unternehmens hinweg angelehnt ist.

Vor dem Hintergrund einer detaillierten Analyse deutscher Studiengänge im Bereich Betriebsgestaltung und Industrial Engineering wurden wesentliche Lehrinhalte der Bachelor- sowie Masterausbildungen unter Berücksichtigung von Fachhochschulen sowie Technischen Universitäten dahingehend untersucht, inwiefern das Lehrgebäude des IAF im Bereich Betriebsgestaltung repräsentativ für die deutsche Ausgestaltung dieser Ausbildungsrichtung ist. Dabei wurde deutlich, dass zum einen eine sehr hohe Diversität in den spezifischen Fachinhalten bzw. den Lehrveranstaltungen als auch in deren Bezeichnungen besteht. Zum anderen ist jedoch auch eine wesentliche Übereinstimmung des Aufbaus sowie der Dauer des Gesamtcurriculums bestehend aus Bachelor- und Masterausbildung zu verzeichnen. Mit Ausnahme vereinzelter Studiengänge mit ganz spezifischer Ausrichtung können die Lehrveranstaltungen des IAFs in diesem Bereich als stellvertretend für die Vermittlung der entscheidenden Kompetenzbereiche in Bezug auf die betriebsgestalterische Ausbildung angesehen werden.

Die Lehrveranstaltungen sind grundsätzlich in 5 Bereiche zu unterscheiden: zum einen Grundlagenfächer, wie u. a. Mathematik, Physik, Recht, zum anderen Qualitätsaspekte sowie technische Fächer wie Materialwissenschaften, Produktentwicklung und Antriebsstranggestaltung. Mit deutlich mehr Gewicht schlagen dagegen die Fächer zum Thema Management und Betriebswirtschaftslehre zu Buche, die gut 22 % des Fächerspektrums ausmachen. Maßgebliche Ausbildungsinhalte (50 %) machen jedoch produktionstechnische sowie logistische Inhalte aus, die in Fächern wie Fabrikbetriebslehre, Fabrikplanung, Materialflusstechnik, Projektmanagement, Innovationsmanagement, Fertigungstechnologie, Arbeitswissenschaft oder ähnlichen vermittelt werden. Fast die Hälfte der in der vergleichenden Analyse deutscher Studiengänge vorgefundenen Fächer im Bereich Produktionstechnik und Logistik betreffen die Themen Fabrikbetrieb, Fabrikplanung sowie angrenzende Logistik und können damit zweifelsohne als der Kernaspekt der Betriebsgestaltung angesehen werden. Infolgedessen können die Lehrinhalte bei der Ausbildung zum Betriebsgestalter am IAF, die im neuen Masterstudiengang „Produktionssysteme“ mündete, sowohl hinsichtlich Breite als auch in ihrer qualitativen Tiefe als umfassend angesehen werden.

Die Besonderheit der Ausbildung am IAF stellt dabei die Kombination aus Vermittlung von theoretischen Grundlagen, einem ausgewogenen Methodenbaukasten und dem entsprechenden Anwendungswissen für die Analyse und Bewertung von Produkten, Fertigungstechniken und -technologien zur Gestaltung und Organisation von betrieblichen Prozessen dar. Darüber hinaus zeichnet sich das Lehrgebäude des IAF durch eine ganzheitliche Sichtweise des Produktionssystems unter Berücksichtigung sowohl der theoretischen Grundlagen als auch des spezifischen, anwendungsorientierten Wissens über den gesamten Lebenszyklus von Unternehmen hinweg aus. Wesentliche Lehrinhalte sind in ihrer Struktur mit dem Ziel der Beherrschung produktionsorientierter Aufgaben im Spannungsfeld sozio-technisch-ökonomischer Systeme auf Basis des 6-Ebenen-Modells, das durch die Anwendung des Aspekt-System-Ansatz zu einer maßgeblichen Komplexitätsreduktion beiträgt und damit das Verständnis für einzelne Sachverhalte erleichtert, bereits in der Grundlagenveranstaltung „Factory Operation“ im Bachelorstudiengang enthalten. Mit dieser explizit im Lehrkonzept berücksichtigten Verzahnung der einzelnen Fächer und Lehrinhalte gewinnen die Studenten automatisch ein grundsätzliches Verständnis zu den einzelnen Themengebieten des Fachbereichs als auch zu deren Wechselwirkungen. Dabei werden die Grundlagen zum einen durch das Fach „Factory Operation“ im Bachelor als auch durch die „Produktionssystemplanung“ im Master vermittelt. Weiterführende Lehrveranstaltungen werden über verschiedene Phasen des Unternehmenslebenszyklus spezifisch entwickelt und bauen sachlogisch aufeinander auf. In diesem Zusammenhang vertiefen diese zusätzlichen Kurse des Masterstudiengangs das Wissen der Grundlagenfächer und ergänzen sie um spezifische, anwendungsorientierte und methodische Inhalte.

Dieses Grundkonzept des IAF-Lehrgebäudes wird nun unter Beachtung divergierender Rand- und Rahmenbedingungen der ägyptischen Lehr-, Universitäts- sowie Industriestruktur auf den neuen Masterstudiengang  „Industrial Engineering and Management Sciences“ übertragen. Dabei besteht ein Hauptaugenmerk auf die Anwendungsorientierung der Lehrinhalte, sowohl in den Vorlesungen als auch den Übungen und Projekten. In diesem Zusammenhang fließen zum einen unternehmensrelevante Inhalte aus Industrieprojekten in Form betriebliche Lösungsstrategien mit in die Lehrveranstaltungen ein. Zum anderen werden die theoretischen Ansätze ebenfalls über Industrieprojekte, aber auch über Bachelor- und Masterarbeiten auf ihre Praxistauglichkeit hin überprüft. Die exzellente Ausstattung des IAF mit seinen Lernfabriken und den spezifisch zur Verfügung stehenden Werkzeugen zur Analyse und Bewertung von gesamten Produktionssystemen oder ausgewählten Teilaspekten sind damit Vorbild für die ägyptischen Universitäten.

Ansprechpartner: Dipl.-Ing. Matthias Heinecke

 

 

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